Digitale Schutzgelderpressung – die Causa Handelsblatt

Eine Antwort auf den Handelsblatt Crime Podcast über Selbstgefälligkeit, Neid und eine andere Realität.

Kaufmann – nicht Journalist

Gleich zu Beginn möchte ich eines klarstellen: Ich war nie Journalist, sondern immer Kaufmann. Mein Finanzportal GoMoPa (Goldman, Morgenstern & Partners) war keine moralische Mission zur Weltverbesserung, sondern ein Geschäft – und zwar ein gutes. Zwei Jahrzehnte lang war GoMoPa eine zentrale Anlaufstelle für Warnungen vor dubiosen Finanzprodukten. Wir haben dort über schwarze Schafe der Branche berichtet und so Anleger aber vor allem unsere Abonnenten frühzeitig gewarnt. Das Wort “berichtet” würde zu kurz greifen, denn GoMoPa folgte nie klassischen journalistischen Standards – und sollte es auch nie. Tatsächlich werfen mir die Schreiberlinge vom Handelsblatt ja vor, ich hätte mich nie um journalistische Konventionen geschert. Stimmt genau. Ich habe von Anfang an als Unternehmer agiert, nicht als selbstloser Enthüller. Wenn Kritiker monieren, ich hätte GoMoPa nur für’s eigene Bankkonto betrieben, kann ich dazu nur ironisch anmerken: Selbstverständlich – genau das nennt man Geschäft.

Urheberrechte (Copyrights) verkaufen

GoMoPa.net war ein Informationsdienst mit Gewinnabsicht. Unser Geschäftsmodell war so einfach wie legal: Wir haben zuerst unsere Abonnenten per Newsletter informiert und erst dann – und nach Kontaktaufnahme zu uns – Unternehmen oder Investoren Nutzungsrechte an bestimmten Artikeln verkauft. Wer ein solches Nutzungsrecht an einem Beitrag erwirbt, kann über dessen Veröffentlichung natürlich frei entscheiden – auch wenn der Text dadurch von unserer Seite verschwindet. Das mag manchem moralisch missfallen, ist aber juristisch völlig legitim. In Deutschland ist der Verkauf von Urheberrechten nicht verboten – und erst recht nicht in den USA, wo unsere Firma ihren juristischen Sitz hatte. Ich habe mir nichts vorzuwerfen: An jedem Artikel auf GoMoPa konnten Dritte bei Interesse ganz legal die Rechte erwerben. Dass ein Artikel nach so einem Rechtekauf depubliziert wurde, ist kein Skandal, sondern Vertragsfreiheit. Wer das immer noch nicht versteht, sollte vielleicht einmal nachdenken, anstatt im Podcast die Empörungs-Trommel zu rühren.

Übrigens hat GoMoPa im Jahr 2022 – lange vor dem aktuellen Wirbel – sämtliche Website-Inhalte, Marken und Urheberrechte an ein Unternehmen namens Secretum Media LLC verkauft. Auch dieser Schritt war vollkommen legal. Ironisch finde ich: Als wir diese Rechteübertragung damals in aller Offenheit vollzogen, hat es kaum jemanden interessiert. Aber heute tut man überrascht, dass hinter den Kulissen ein lukratives Geschäftsmodell stand.

Bonofa – Strafbefehl auf wackeliger Grundlage

Kommen wir zum “Fall Bonofa”, der im Handelsblatt Crime Podcast „Der Fall GoMoPa – vom Jäger zum verurteilten Erpresser“ breit ausgewalzt wurde. Zunächst die Fakten: Ja, es gibt einen Strafbefehl des Amtsgerichts Saarbrücken gegen mich – über 7.200 Euro. Die Richterin ist überzeugt – und das ist richtig – dass GoMoPa sich 2014 von den Herren Thomas Kulla und Detlef Tilgenkamp der Bonofa-Firmengruppe 250.000 Euro habe zahlen lassen, um weitere kritische Berichte über ihr illegales Schneeballsystem zu stoppen. Dieses Geld – nennen wir es beim Namen: Schweigegeld – wurde als Wegzoll für mein Schweigen und für die Copyrights er bereits veröffentlichten Berichte gezahlt, so steht es im Strafbefehl. So weit, so unschön. So richtig! Tilgenkamp hat mittlerweile seine 8 Jahre Knast abgesessen und Kulla begleitete ihn dabei, soweit ich weiß, ein Stück des Weges. Shit Happens!

Doch beleuchten wir die Umstände: Bonofa oder deren Vertreter haben mich interessanterweise nie angezeigt. Die Grundlage für das Verfahren war eine heimliche Audio-Aufnahme jenes Treffens zwischen mir und dem Bonofa Boss Detlef Tilgenkamp aus Saarbrücken. Hätte ich geahnt, dass Tilgenkamp unser 4-Augen Gespräch mitschneidet, wäre es nie zu einem Prozess gekommen – weil es dieses Gespräch so nicht gegeben hätte! In den USA wäre eine derart erlangte Aufnahme als Beweismittel gar nicht erst zugelassen worden. Und was sagt die Justiz? 180 Tagessätze zu je 40 Euro, also insgesamt 7.200 Euro Geldstrafe – für einen armen Rentner natürlich eine Masse Holz. Dieses allerdings doch sehr überschaubare Strafmaß spricht Bände: Wäre ich das große kriminelle Mastermind, als das man mich jetzt versucht darzustellen, hätte man mich sicher härter zur Rechenschaft gezogen. Ich habe den Strafbefehl akzeptiert – nicht aus Schuldeingeständnis, sondern um Ruhe zu haben. Dazu am Schluss mehr.

GoMoPa –  S&K, Bonofa, Wirecard, Senator Braun – GoMoPa war stets schneller als die „Qualitätsmedien“

Es erstaunt, wie im Podcast meine Arbeit für GoMoPa völlig ausgeblendet wird. Tatsache ist: Mein Team und ich haben über Jahre hinweg so manche Schweinerei im Finanzsektor früher ans Licht gebracht als die etablierten Medien. Einige Beispiele: Das milliardenschwere Immobilien-Pyramidenspiel S&K („Schäfer&Köller“) flog dank unserer frühen Warnungen auf – später wurden die Drahtzieher verhaftet (Schaden 300 Millionen Euro). Den Bonofa-Skandal – ein Ponzi-System mit tausenden Geschädigten und Schäden im ebenfalls dreistelligen Millionenbereich – wurde auf GoMoPa bereits publik gemacht, da schliefen manche Investigativ-Redaktionen noch. Und erinnern wir uns an den Berliner CDU-Politiker Michael Braun: Er musste 2011 schon nach zwölf Tagen im Amt als Justizsenator zurücktreten, weil gegen ihn Vorwürfe in Zusammenhang mit Schrottimmobilien bekannt wurden. Wer hatte diese dubiosen Geschäfte zuerst öffentlich benannt? Richtig – ein kleiner New Yorker Informationsdienst namens GoMoPa. Die großen Nachrichtenredaktionen sprangen oft erst auf, nachdem wir Alarm geschlagen hatten. Bei Wirecard machten wir allerdings einen Fehler. Nun ja, wer viel arbeitet, macht viele Fehler, aber als Erste haben ebenfalls wir auf das dubiose Geschäftsgebaren dieser „Bank“ hingewiesen, die es bis in den DAX schaffte. Wo waren da die Qualitätsmedien?

Die Krönung jedoch ist: Klassische Medien klopfen sich hinterher gegenseitig auf die Schulter, verleihen sich selbst Preise (Melanie Bergermann) für Enthüllungen, deren Ursprung häufig zuerst mit unseren Recherchen begann. Inhalte und Fotos, die zuerst bei GoMoPa erschienen, tauchten plötzlich in renommierten Blättern wie  (WirtschaftsWoche – Melanie Bergermann) – ohne Quellenangabe auf. Aber im Podcast verliert man darüber natürlich kein Wort. GoMoPa hat der anscheinend übermächtigen Konkurrenz jahrelang die Stories vor der Nase weggeschnappt, aber das erwähnt man lieber nicht. Stattdessen stilisiert man den CEO (mich) zum “vom Jäger zum Erpresser”. Wie praktisch, um die eigene verspätete Berichterstattung zu kaschieren.

Doppelmoral bei Handelsblatt & Co.

Wer im Glashaus sitzt, sollte bekanntlich nicht mit Steinen werfen. Genau diese Doppelmoral riecht man aber aus der aktuellen Handelsblatt-Produktion deutlich heraus. Da arbeiten Redakteure wie Herr Lars-Marten Nagel und sein Praktikant Luis Beyerbach (welcher mich beim Aufeinandertreffen in Saarbrücken mehr an einen Praktikanten des Straßenfegers erinnerte) für einen Verlag, der sich über Jahre aus unseren GoMoPa-Inhalten bedient hat – und stellen sich nun in einem True-Crime-Podcast mit erhobenem Zeigefinger hin, um die Quelle ihrer eigenen Storys moralisch zu verurteilen.

Im LinkedIn-Beitrag des Handelsblatt-Investigativteams heißt es gönnerhaft, GoMoPa habe „nie journalistische Standards“ befolgt. Nein. Das haben wir auch nicht aber was denn nun? Erst schmückt man sich mit unseren Enthüllungen über den Graumarkt, dann heißt es plötzlich pikiert, wir seien keine Journalisten. Kann mir jemand den Unterschied innerhalb des angestrebten Ergebnisses erklären? Diese Janusköpfigkeit dieser „Kollegen“ muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Das „renomierte“ Handelsblatt selbst berichtete jüngst, ich hätte eingeräumt, dass Artikel gegen Geld depubliziert wurden – selbstverständlich habe ich das, denn es war unser und mein Geschäftsmodell (siehe oben) und es ist und war legal. Die gleiche Publikation tut jetzt so, als habe ich ein moralisches Tabu gebrochen. Ich nenne das einen heuchlerischen Wandel vom früheren Nutznießer zum gestrengen Richter.

Der Podcast stammt aus dem Hause Handelsblatt – jenem Hause, das laut eigener Aussage Wert auf „unabhängigen, verlässlichen und kritischen Journalismus“ legt. Schön und gut. Doch kritischer Journalismus sollte idealerweise bei selbstkritischem Journalismus anfangen. Vielleicht hätten die Macher vor der Empörung besser nach oben in ihr eigenes Verlagshaus geblickt und gefragt, warum GoMoPa offenbar jahrelang erfolgreicher im Aufdecken unseriöser Machenschaften war als so manche große Redaktion. Sich jetzt moralisch zu überhöhen und mich zum alleinigen Bösewicht einer vermeintlich neuen Masche – der “digitalen Schutzgelderpressung” – zu erklären, ist bequem. Es lenkt davon ab, dass traditionelle Medien die Gefahren des Grauen Kapitalmarkts und die Manipulationsmöglichkeiten im Internet jahrelang nicht gesehen und unterschätzt haben.

„Philosophisch“ und „coole Socke“

Eines muss man den Podcast-Machern aber lassen: Ganz ohne Anerkennung wollen sie mich dann doch nicht ziehen lassen. Manche Aussagen in “Der Fall GoMoPa” haben mich stark  amüsiert. Da wird meine Haltung als beinahe “philosophisch” bezeichnet – und ich gar als “coole Socke” betitelt. Eine coole Socke, die gelassen bleibt, während andere hyperventilieren – nun, das trifft meinen Stil eines Hanseaten wohl ganz gut. Ich nehme solche Bonmots sportlich. Es freut mich, dass Ina Karabasz, Solveig Gode und auch Sönke Iwersen als Moderatoren offenbar verstanden haben, dass man in meiner Liga mit kühlem Kopf operieren muss. Wenn ich in dem Podcast also als gelassen oder abgeklärt rüberkomme, dann habe ich offenbar meinen Job richtig gemacht. Schließlich verliert nur der die Nerven, der sich seiner Sache nicht sicher ist.

Interessant war für mich auch, dass der Podcast den Begriff “digitale Schutzgelderpressung” bemüht. Eine reißerische Wortschöpfung – aber bitte: Wenn man unbedingt ein Buzzword braucht, um aus GoMoPa‘s Vorgehen eine True-Crime-Story zu stricken, sei es drum. Wirklich neu ist die beschrieben und angebliche „Masche“ jedenfalls nicht. Dass auf fragwürdigen Portalen Drohkulissen aufgebaut werden, um Zahlungen zu erheischen oder Aktienkurse zu beeinflussen, passiert seit vielen Jahren. GoMoPa hob sich in einem entscheidenden Punkt ab: Wir haben echte Missstände aufgedeckt – S&K, Bonofa, Phoenix, Wirecard und andere – und unsere Abonnenten waren gewarnt, lange bevor Behörden eingriffen. Und ja, wir haben auch Geld daraus geschlagen (ich zitiere hier Ihren O-Ton: “eine Scheibe abgeschnitten” – danke fürs Bild). Aber unsere Warnungen waren kein Fake. Unsere Namen stets real. Unsere Adresse existent. Im Gegensatz zu manchen Schmierseiten, die heute im Netz herumgeistern, hatte GoMoPa.net Substanz. Das sollte man bei aller (vielleicht) berechtigten Kritik nicht unterschlagen. Oder waren wir einfach nur clever?

Ruhe statt Reue

Zum Schluss noch ein persönliches Wort zum Thema Schuld und Sühne. Warum habe ich den Strafbefehl über 7.200 Euro akzeptiert, anstatt vor Gericht meine Unschuld zu beteuern? Ganz einfach: Meine Ruhe war mir wichtiger als Recht haben. Nach Erfahrungen aus jahrelangem Rechtsstreit und medialer Skandalisierung zieht man irgendwann die Reißleine – selbst wenn man weiterhin von seiner rechtlichen Unschuld überzeugt ist. Ein endloser Prozess hätte mir nur Lebenszeit geraubt und davon habe ich in meinem Alter nur noch stark begrenzte Verfügbarkeit. Also habe ich gezahlt und einen Schlussstrich gezogen. Nicht, weil ich mich schuldig fühle, sondern weil ich mir mein Leben nicht von einem deutschen Klein-Gericht auf den Kopf stellen lassen wollte.

Zum Schuldbewusstsein fehlt mir darum im Übrigen weiterhin die Grundlage. Ich weiß, dieser Satz mag manchen gar nicht gefallen. Besonders manchem Journalisten nicht. Apropos Journalisten: Mir ist bewusst, dass 250.000 Euro – jener Betrag, den Bonofa in Raten zahlte (haben Sie schon einmal von einem Erpresser gehört, der Ratenzahlungen akzeptiert?)  erhalten zu haben – für einige meiner berufsmoralischen Kritiker dürften das so gut um die fünf – Jahresgehälter sein! Ich machte das mit einigen wenigen Artikel …

Nun ja, Neid ist menschlich. Vielleicht erklärt das die besondere Gereiztheit, mit der gewisse Schreiberlinge und Winkeladvokaten auf mich zeigen. Aber wer von uns hätte wirklich Grund, verbittert zu sein? Ich sicherlich nicht. Ich habe mein Geld verdient, meine Lehren gezogen und genieße inzwischen meinen Ruhestand als Privatier. GoMoPa.net ist für mich Geschichte. Doch die Heuchelei, die der Fall ans Licht gebracht hat – auf Seiten mancher Medien und vermeintlicher Moralwächter – die ist höchst lebendig. Und darauf wollte ich hier aus gegebenem Anlass antworten. In diesem Sinne: Ich muss niemandem mehr gefallen. Aber Recht behalten möchte ich am Ende schon.

Nun denn – bleiben Sie stark …